Südostschweiz vom 22.05.2001
In einer intimen Atmosphäre
Jürg Wickihalder/Werner Fischer feat. Sophie Dunèr im Holenstein
Jürg Wickihalder, Werner Fischer, Hans Ermel und Sophie Dunèr erkundeten am vergangenen Freitag das Wurzelgeflecht des Jazz. Unter dem Motto «Back to the roots» ging das glarnerisch-bernisch-schwedische Gemisch graben, fand Kostbares und verbreitete es in intimer Atmosphäre.
VON DARKO CETOJEVIC
Anfang: Freitagabend in Glarus im Holenstein. Jürg Wickihalder (Sax) und Werner Fischer (Gitarre) betreten die Bühne. Der Laden ist voll, die Luft jazziert. Wickihalder haucht seinem Instrument Leben ein, Fischer streichelt den Hals seiner Gitarre. Bei langgedehnten Tönen lässt Wickihalder seine rechte Hand kurz neben dem Körper pendeln, im Raum wirds plötzlich ruhig. Selten schaffen es die Akteure auf der Bühne im Holenstein ein ganzes Konzert lang das Publikum so zu fesseln, dass sogar bei minimalistischen Balladen kein anschwellendes Gelaber um die Theke zu hören ist. Wickihalder und Co. ist es vom ersten Moment an gelungen. Respekt.
Intime Atmosphäre
Jürg Wickihalder ist kein Mann, der auf der Bühne viel redet. Der
jüngste Auftritt im Holenstein ist eine Ausnahme. Drei Sachen kündigt
er an: Werner Fischers Weggang ins Ausland. Er verabschiedet sich nach Boston
ans Berklee College of Music. Dazu kommt der 33. Hochzeitstag seiner Eltern
und der erste Konzert-Besuch seiner Cousine. Ihr widmete er («normalerweise
widme ich Menschen keine Stücke») auch das Eröffnungsstück
«Polka Dots and Moonbeams». Sofort entsteht so etwas wie eine familiäre,
intime Atmosphäre, die sich dann auch im restlichen Programm auf und vor
der Bühne spiegelt.
Einzigartige Stimme
Mitte: Das Duo Wickihalder & Fischer bekommt Verstärkung. Zuerst stösst
Hans Ermel am Bass dazu und sorgt für einen satten, warmen Hintergrund.
Oder - wenn seine Finger bei Soli temperamentvoll das Instrument hinauf- und
hinabwandern - für energiegeladene Ausbrüche. Komplettiert wird die
Band mit der schwedischen Sängerin Sophie Dunèr. In Stücken
wie «Smile» oder «Out of this World» schwelgt sie einerseits
in den Stimmungen der einstigen Jazzdiven und sorgt andererseits mit ihren leicht
ironischen Publikum-Flirts für allgemeines Schmunzeln. Ihre Art zu singen
und ihre einzigartige Stimme machen einem wieder be- wusst, mit welchem Mist
wir täglich aus dem Radio berieselt werden. Und wenn sich Dunèr
ans Piano setzt (konzertmässig eine Premiere), Akkorde antippt, singt und
dann den Ball Jürg Wickihalder zuwirft, der sich einem emotionsgeladenen
Solo hingibt und den Ball zurückspielt, rutscht das Publikum noch tiefer
in die Stühle oder lehnt sich noch stärker an die Wände des Holensteins.
Ein wohlig-entspannendes Spinnennetz aus Tönen und einer Stimme umgibt
alles. Jürg Wickihalder atmet noch einmal in sein Instrument, entlockt
ihm einen langen Klang und lässt die rechte Hand in der Luft pendeln. Ende.
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